89'000 Quadratmeter im Herzen von Emmenbrücke

Das Areal der Viscosistadt in Emmenbrücke liegt direkt an der Kleinen Emme, nördlich des Seetalplatzes. Mit einer Ausdehnung von 89'000 Quadratmeter entspricht das ehemalige reine Industriearel der Grösse der Altstadt Luzern.

Von der Vision zum viefältigen, neuen Quartier am Ufer der Kleinen Emme

2009 übernahm die Ostschweizer Sefar Holding das Areal an der Kleinen Emme, um ihren wichtigsten Zulieferer vor dem Konkurs zu retten. Als sich die neuen Besitzer erste Gedanken zur zukünftigen Entwicklung machten, hatten sie viele Ideen, wussten aber nicht genau, wohin die Reise geht. Um ein Areal wie die Viscosistadt zu transformieren, braucht es eine Mischung aus visionärem Denken, gesundem Menschenverstand und pragmatischem Umsetzen. Im Verlauf des Projektes sind sie zum Schluss gekommen, das Areal in kleinen Schritten ohne die Hilfe von Investoren zu entwickeln. Ziel ist es, ein lebendiges und vielfältiges Quartier zu schaffen. Die Viscosistadt soll nicht innert weniger Jahre hochgezogen werden, sondern wie ein Baum langsam, Ring für Ring wachsen. So ist gewährleistet, dass das Projekt auch in 30 Jahren den Bedürfnissen der Menschen entspricht. 

Mit der Hochschule Luzern – Design & Kunst wurde für die erste Phase eine ideale Partnerin gefunden. Die Studierenden, Dozierenden und Mitarbeitenden brachten neues Leben in die Viscosistadt. Dadurch entstand ein Austausch zwischen Industrie, Gewerbe und Kreativwirtschaft, der für alle Seiten bereichernd ist. Diese Mischung macht den besonderen Charakter der Viscosistadt aus. Dieser Weg soll auch in den nächsten Jahren weiter verfolgt werden. So soll ein lebendiges Quartier heranwachsen, in dem Menschen und Ideen einen fruchtbaren Boden finden. In einem ersten Schritt hat sich die Viscosistadt gegenüber Firmen aus verschiedensten Branchen geöffnet und ist ein attraktiver Standort für Kunst, Kultur und Events geworden. In Zukunft sollen am Ufer der Kleinen Emme auch Wohnungen entstehen.

Industriestandort mit bewegter Geschichte

Im Jahr 1906 gründete der französische Industrielle Ernest Carnot an der Kleinen Emme die Société de la Viscose Suisse. Seither hat sich das Gelände kontinuierlich weiter entwickelt. Geblieben ist bis heute das Bewusstein für das historische, industrielle Erbe. 

Die Geschichte des Areals der Société de la Viscose Suisse bis zur Viscosisistadt

Seit mehr als hundert Jahren werden in Emmenbrücke synthetische Garne produziert. 1906 wurde am Ufer der Kleinen Emme die Sociéte de la Viscose Suisse gegründet. Sie begann schon bald mit der Produktion von Viscose-Filamentgarnen (Kunstseide). Das Unternehmen entwickelte sich rasant, war bald einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region und beschäftige bis zu 3000 Personen. Im Jahr 1960 stammten 1.2 Prozent aller Schweizer Exporte aus der Viscosuisse in Emmenbrücke. Als Teil des  französischen Konzerns Rhône-Poulenc produzierte sie als erstes Schweizer Unternehmen Polyamide 6.6 (Nylon) und hatte bald eine nationale Monopolstellung. Ab den 1970er Jahren häuften sich die wirtschaftlichen Krisen (z.B. Ölkrise), der Personalbestand wurde kontinuierlich abgebaut. Nach der Stilllegung der letzten Viscose-Produktionsanlagen 1980 entwickelte sich das Unternehmen zu einem wichtigen Produzenten von Polyamid- und Polyestergarnen welche unter den Markennamen Nylsuisse und Tersuisse vermarktet wurden.  Globale Markttrends führten ab 1990 zu organisatorischen Veränderungen  im Konzern Rhône-Poulenc und zu einer weiteren Reduktion der Mitarbeiterzahlen. 

Umbau in kleinen Schritten 
Im Jahre 2008 ging die Firma Nexis Fibers, die das Geschäft kurzzeitig übernommen hatte, in Nachlassliquidation. In die Lücke sprang das Industrieunternehmen Sefar, einer der wichtigsten Kunden für monofile Garne aus Emmenbrücke und Weltmarktführer bei technischen Präzisionsgeweben. Sefar kaufte die Monofil-Produktion. Damit rettete sie mehr als 150 Arbeitsplätze und 20 Lehrstellen. Das Ostschweizer Familienunternehmen übernahm ab 2009 mit der  Gründung der Firma Monosuisse AG die Verantwortung für den Produktionsbetrieb und das gesamte Betriebsareal im Emmenfeld. Seither wird das ehemalige reine Industrieareal, das nun Viscosistadt heisst, unter der neuen Führung in kleinen Schritten zu einem Denk- und Werkplatz entwickelt. Mittlerweilen gibt es rund 100 Mieterinnen und Mieter aus mehr als 15 Branchen. Mit dem Bewusstsein für die Arealgeschichte werden die teilweise denkmalgeschützten Gebäude sorgfältig saniert und für neue Nutzungen umgebaut.

Die Geschichte als Zeitstrahl

1906
1909
1922
1924
1928
1948
1951
1957
1961
1973
1980
1990
1993
1998
2000
2005
2006
2007
2009
2014
2016

Gründung durch Ernest Carnot

Gründung der Sociéte de la Viscose Suisse durch den französischen Industriellen Ernest Carnot. Im gleichen Jahr erfolgt die Betriebsaufnahme mit 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie der produzieren Viscose-Filamentgarne sogenannte Kunstseide.


Schnelles Wachstum

Das neue Unternehmen wächst schnell. Der Personalbestand ist auf 240 Mitarbeiter angestiegen. Die Sociéte de la Viscose Suisse produzieren täglich rund 400 kg Viskoseseide.


Ein erster neuer Name

Die alte französische Gesellschaft mit dem Namen «Sociéte Suisse de la Viscose» gründet eine Schweizer Tochtergesellschaft mit dem Namen «Sociéte de la Viscose Suisse.» Dieser neue Namen wird für viele Jahrzehnte Bestand haben. Im gleichen Jahr wird auf dem neu erworbenen Terrain im Emmenfeld ein erstes Gebäude gebaut.


Ein weiteres Werk in der Ostschweiz

1924 folgt die Gründung eines Werkes in Widnau/SG.


Grösster Arbeitgeber der Region

Das Unternehmen beschäftigt nun 2765 Personen und ist der mit Abstand grösste Arbeitgeber in der Region. Die Belegschaft produziert täglich rund 10’000 kg Viskoseseide.


Viscose-Filamentgarnen für die Reifenindustrie

Produktionsaufnahme von hochfesten Viscose-Filamentgarnen für die Reifenindustrie


Produktionsaufnahme von Polyamid 6.6

Bau der ersten schweizerischen Nylon-Fabrik und Produktionsaufnahme von Polyamid 6.6-Filamentgarnen für textile Anwendungen


21’300 Tonnen Jahresproduktion

Die Jahresproduktion beträgt 21’300 Tonnen, aufgeteilt in 6500 Tonnen textile Viscoseseide, 9600 Tonnen Zellwolle, 3500 Tonnen Pneu-Kunstseide und 1700 Tonnen Nylon.


Produktion von Polyamid-6-Filamentgarnen

Produktionsaufnahme von Polyamid-6-Filamentgarnen texturiert für die Teppichherstellung und glatt für technische Anwendungen.


Der Höhepunkt ist erreicht

Das Unternehmen ist auf dem Höhepunkt. Der Personalbestand der Viscosuisse-Gruppe beträgt 5500 Mitarbeitende. Die Jahresproduktion erreicht 54’500 Tonnen.


Der Personalbestand schrumpft – neuer Fokus Industriegarne

Stilllegung der Produktion von Viscose-Filamentgarnen. Die Garnproduktion beträgt nun 53'500 Tonnen pro Jahr mit einem Personalbestand von 2033 Mitarbeitenden.
Kontinuierlicher Aufbau einer Industriegarnproduktion hochfeste Nylon und Polyester Multifilamentgarnen. Die Polyester-Herstellung wurde im Jahre 2000 verkauft und die Firma Serge Ferrari Tersuisse produziet im Emmenbrücke heute noch.


Ein neuer Name

Viscosuisse AG übernimmt den Namen des Mutter-Konzerns und heisst neu Rhône-Poulenc Viscosuisse SA.


Neue Anlage: Polyamide 6.6 für Reifenkordgewebe

Bau und Inbetriebnahme der letzten grossen Investion: Eine neue Anlage für 8000 Jahrestonnen Polyamide 6.6 Industriegarne für Reifeneinlagegewebe geht in Produktion.


Die Rhodia Filtec AG entsteht

Im Rahmen einer Fusion des Pharmabereiches werden die nicht-pharma Bereiche unter dem Namen Rhodia neu firmiert. Das Werk Emmenbrücke erhält den Namen Rhodia Filtec AG. Verkauf von Setila, des Tochterunternehmens in Widnau.


Erneut ein Namenswechsel – europäisches Headquarter

Namensänderung in Rhodia Industrial Yarns AG. Emmenbrücke ist Headquarter von fünf Produktionsstätten in Europa: Humenné/Slowakei, Daugavpils/Lettland, Neumünster/Deutschland. Gorzow/Polen und Emmenbrücke/Schweiz.


Verkauf der Polyesteraktivität

Die Tersuisse Multifils SA, ein Joint-Venture mit der Firma Serge Ferrari geht vollständig an Serge Ferrari über. Das Jahrhunderthochwasser Ende August überflutet das gesamte Fabrikareal und legt die Produktion lahm. Durch den grossen Einsatz aller Mitarbeitenden kann die Firma nach rund drei Monaten wieder normal produzieren.


Das Unternehmen feiert sein 100-Jahr-Jubiläum.

Der Personalbestand in Emmenbrücke ist auf 360 Mitarbeitende geschrumpft.


Erneut ein neuer Name

In diesem Jahr verkauft der Konzern Rhodia die europäische Garnproduktion.
Gründung von Nexis Fibers AG.


Konkurs – Gründung der Monosuisse AG

Nexis Fibers steht vor dem Konkurs. Verkauf der Monofil-Aktivitäten an die Sefar Holding; Gründung der Monosuisse AG.


Die Viscosistadt AG entsteht

Gründung der Viscosistadt AG mit Alain Homberger als Geschäftsführer. Sie will das frühere Viscose-Areal zu einem neuen Stadtteil mit Industriecharme entwickeln, in dem Arbeit, Bildung und Kultur sowie Wohnen Platz haben.


Die «Kunsti» belebt das Areal

Rund die Hälfte der Hochschule Luzern – Design & Kunst in die Viscosistadt zieht nach Emmenbrücke. 2019 folgt die 2. Etappe des Umzugs. Dadurch wird die Hochschule Luzern – Design & Kunst auf einen Standort konzentriert.